Freitag, 7. März 2014

Bis zum nächsten Mal!



Ja, und das wars auch schon.
Abschliessend kann ich sagen, dass ich diese langen Flüge (und alles was dazu gehört) sehr anstrengend finde. Der Aufenthalt in Haiti war jedoch so grandios, dass ich die Reise noch ein weiteres Mal auf mich nehmen würde. Ich war glücklich mit all den lieben Menschen, die ich traf, sobald ich einen Fuss vor meine Zimmertür setzte. Das hat mein Herz immer wieder geöffnet und das vermisse ich. 








Donnerstag, 6. März 2014

Abfahrt und Kunsthandel



Morgens früh gings endgültig los. Nach dem Frühstück brachen Junior, Wendy, der andere Ingenieur und ich mitsamt unserem Gepäck auf. Autos werden hier immer gefüllt, bis keiner mehr hineinpasst. Die Holperpiste tat mir nicht so gut, die Straßen sind so unglaublich schlecht, dass man ohne Geländewagen hier nicht weit kommt. Nach 3 Stunden waren wir in der Stadt, an der Privatuni Quizceya, an der ich ein Interview mit dem Direktor führen wollte. 
Nach 1 Stunde kann er endlich. Und das, was er zu sagen hatte, war so gut, als hätte er sich darauf vorbereitet. Meine Fragen stellte ich aber, wie immer, spontan, den Umständen und dem Gesprächsverlauf entsprechend. 
Es war gut, sehr sehr gut. 

Danach fuhren die Jungs mit mir ins Zentrum, wo wir Handwerkskunst für das Haitifestival in Luxemburg kauften. Es hat richtig Spaß gemacht, mit den Künstlern zu feilschen. Am Ende haben wir beide ein gutes Geschäft gemacht. Und dann fuhren mich dich Jungs nach Rivière Froide. 
Eine Station der Brüder nahe der Stadt.

Mittwoch, 5. März 2014

Wäsche waschen und Abschied nehmen



Nun war wirklich mein letzter Tag gekommen. Ich hatte den Abschied immer noch hinausgezögert. Ich besuchte Dwarnsises 16jähriger Schwester beim Wäschewaschen. Das macht sie von 8 Uhr bis 18h gemeinsam mit ihrer anderen Schwester. Da heute Aschermittwoch und ein Feiertag ist, hat sie Zeit dafür. Eigentlich geht sie in die Schule und möchte einmal Ärztin werden. Ein Traumberuf der meisten Mädchen. Alternative: Krankenschwester. Die Jungs möchten Doktoren oder Ingenieure werden. Die meisten werden aber wahrscheinlich genauso enden wie ihre Eltern. Als Bauern oder Marktfrauen.
Die Rollen sind hier noch klar definiert. Die Frau kümmert sich ums Kochen, Wäsche waschen, Kinder aufziehen und vielleicht hier und da etwas verkaufen. Die Männer arbeiten auf den Feldern. Für gewöhnlich haben die Männer auch etwas mehr Bildung. Sie kaufen sich Smartphones und öffnen ihren Horizont dank des Internets. Die Frauen bleiben oft ein bisschen stehen, so empfinde ich es. Vielleicht auch weil sie damals nicht zur Schule gegangen sind. Es ist spannend zu sehen, was aus den jetzigen Mädchen wird, die momentan zur Schule gehen. Ob sie sich mit dem Leben als Hausfrau abgeben werden oder ob sie es schaffen, dort hinaus zu kommen? Am Willen mangelt es sicher nicht. Aber an den finanziellen Möglichkeiten die Tochter auf die Universität zu schicken.
Auf jeden Fall merkt man der Jugend den Durst nach Entwicklung an. Natürlich haben die meisten Internetzugang, wenn auch nur sporadisch. Sie möchten auch die Dinge machen und bezahlen können, wie die westliche Welt. Sie möchte reisen. Viele träumen von einem Leben in den USA: Aber ein Ausreisevisum zu bekommen ist sehr schwer. Selbst wenn es nur für ein paar Wochen ist. Haiti steht auf der roten Liste, die Ausreisebestimmungen sind stark reglementiert. Wer ein Visa möchte, braucht einen Bürgen im Gastland. Eine Wohnung, eine Versicherung. Er muss einen Arbeitsplatz in Haiti vorweisen usw. usw.
Gut nachzuvollziehen ist es, wenn Dwaronsise mich (halb im Spaß natürlich)  fragt, ob ich sie nicht in meinem Rucksack mitnehmen könne. Sie würde mir auch jeden Tag meine Haare flechten. Da musste ich lachen. Aber ihre Worte waren so herzlich. Als ich ihr mein kleines Geschenk übergab, sagte sie: „Jetzt hast du uns Geschenke gemacht und wir haben nichts, das wir dir geben könnten. Unsere nächsten Tage werden von Trauer erfüllt. Wir werden an dich denken.“ Für mich ungewohnt, solche Worte aus dem Munde eines Kindes zu hören.
Aber Kinder sind hier sowieso weiter als bei uns. In frühster Kindheit nehmen sie eine wichtige Rolle im Gefüge ein. Sie haben ihren Platz und ihre Wichtigkeit. Sie werden unglaublich geliebt aber auch zurechtgewiesen (notfalls mit Schlägen). Kinder müssen mithelfen, aber bekommen dadurch auch eine Bestätigung, weil sie gebraucht werden. Und da die Kinder ihre Arbeit immer in Gemeinschaft mit anderen Kindern erledigen, wird daraus ein Spiel.
Kinder scheinen aber auch generell schneller erwachsen zu werden, was daran liegen mag, dass sie Sexualität schon in frühsten Jahren erleben. Wen die Hütte klein ist, bekommen die Kinder den Geschlechtsverkehr der Erwachsenen mit. Nicht aufgeklärt probieren sie das auch aus. Und nicht selten werden dann 11 jährige Mädchen schwanger. Da die Mutter selbst auch noch im gebärfähigen Alter ist, werden dann diese Enkel miterzogen wie die eigenen Kinder. Die Mädchen gehen dann wieder zur Schule.
Sexualunterricht wird erst ab der 7. Klasse gegeben, wo die meisten schon 14 Jahre alt sind und bereits alles Nötige wissen.
Wenn ich hier arbeiten würde, würde ich ein Krankenhaus aufbauen und eine weiterführende Schule. Ich würde mit den Frauen und Männern über Verhütung reden (oder reden lassen). Denn auch die Männer wollen keine 10 Kinder ernähren. Nur ist ein Kind zu schnell in die Welt gesetzt, wenn es keine Verhütungsmöglichkeiten gibt. Ein ganz wichtige Punkt, an dem hier noch gearbeitet werden muss.


Dienstag, 4. März 2014

Bier und mehr



Die Bauarbeiter waren nicht die einzigen, mit denen ich teilte. Als sich herumsprach, dass ich gehen würde, fragte mich JEDER, den ich traf nach einem kleinen Geschenk. Mich hat das ziemlich frustriert. Zwei kleinen Jungs, die mich ständig begleiten gab ich Geld für Sandalen. Aber ein paar Stunden später kamen sie an und wollten Geld für ein Telefon. Ich hab mich dazu hinreißen lassen, aber einfach so Geld geben ist nicht gut für das Selbstbewusstsein des Begünstigten. Der andere bettelt. Ich habe gebe, er nimmt. Aber im Geiste verachtet er mich dafür, dass die Welt ungerecht ist und ich mehr Geld habe als er und ihn dazu „gezwungen“ habe, sich in diese unterwürfige Position zu bringen.
Besser ist es jemanden für sich arbeiten zu lassen. Und wenn es nur symbolisch ist. Wenn man nun als Tourist dorthin kommt, ist das natürlich etwas schwierig. Was ich aber gemacht habe: ich habe beispielsweise meinem haitianischen Begleiter Geld gegeben, das er dem Schuhputzer geben kann. Dieser hat dann nicht von mir, der Weißen, eine beträchtliche Summe fürs Schuhputzen bekommen sondern von einem Landsmann. So ist das Gleichgewicht hergestellt und der Schuhputzer hatte einen glücklichen Tag.
Auch die Brüder lassen für sich arbeiten. Und wenn es nur das symbolischen putzen des verstaubten Autos ist. Aber die so können die vielen Bedürftigen, die das Haus der Brüder aufsuchen, guten Gewissens das Essen oder die wenigen Gourden annehmen.
Ich machte noch ein Interview mit Frère Guerrier in der Schreinerei. Er ist der verantwortliche Bruder. Ein Mann kam auf ihn zu. Seine Frau bekomme gerade ein Baby, ob der Bruder ihn zum Krankenhaus fahren könnte. Am Mittagstisch erzählt er mir, dass die Frau ihr Kind schon auf dem Weg zum Krankenhaus bekam. Das Auto hatte an der Straße gehalten. Da hier überall Menschen herumspazieren, haben sich schnell gleich mehrere Hebammen gefunden, die die Frau begleiteten.
Ein kleines Mädchen hat wieder das Licht der Welt erblickt.
Nachmittags spazierte ich noch zum Haus von Dwaronsise. Ihre Schwester war gerade dabei zu Kochen. Das machte sie, wie gewöhnlich vor dem Haus. Als ich ankam wurde mir sofort ein Stuhl hingestellt, wie das hier so üblich ist. Ich setzte mich also zu ihr und schaute ihr einfach bei ihrer Arbeit zu. Die Menschen hier teilen ihren Alltag miteinander. Da alles draußen passiert, sieht man jeden, der vorbei kommt. Man grüßt sich, bleibt stehen, schwätzt miteinander. Man hilft sich. Dann ist die Arbeit auch nur halb so schwer, weil sie zum Alltag dazugehört und gemeinsam erledigt wird. Wenn die Bauern das Feld hacken, dann stehen sie zu viert oder zu fünft in einer Reihe und bewegen sich gleichzeitig wie eine Maschine. Das ist schön anzusehen. Wenn die Frauen kochen, dann sitzen sie draußen. Eine Nachbarin sitzt dabei und erzählt, die Schwester hilft. Wer müde ist, setzt sich für einen Moment hin. Dann geht es weiter. Ich erinnere mich, dass ich oft 6 Stunden ohne Pause arbeite und abends erschöpft nach Hause komme. Hier wird stattdessen immer ein bisschen gearbeitet, doch alles passiert ruhiger. Anders ginge es auch nicht bei den klimatischen Bedingungen.
Das erscheint mir sehr gesund.

Montag, 3. März 2014

Tonaufnahmen



Am Montag um 9h erwartete ich meine 4 Kinder. Sie sollten Erklärungen für meinen Film geben. Diese wollte ich dann hinter die Bilder spielen. Leichter gedacht als getan. Die 4 waren wirklich da. Wir schauten uns die Szenen an und ich hatte mir so überlegt, dass sie die Szenen kommentieren, die sie betreffen. Ihnen war das aber peinlich und sie sagten kaum einen Satz. Also überlegte ich, was ich verändern könnte. Erst wollte ich das Ganze verschieben und mich einzeln mit den Kindern treffen. Diese wollten aber nicht und mir war das Risiko letztendlich zu groß, dass es nicht klappen könnte. Denn wenn die Haitianer etwas nicht wollen, dann machen sie es auch nicht. Also ließ ich sie alle reden und dazu auf Kreol. Sie diskutierten über die Arbeitsmarktsituation auf dem Land und viele andere Dinge. Es wird ein wenig aufwändiger für mich, da ich noch alles übersetzen muss, aber wenigstens hat es geklappt.
Abends organisierte ich noch Bier für meinen Abschied mit den Bauarbeitern am Mittwoch. Ich wollte für die 40 Leute Bier besorgen. Teuer teuer… 2 Kästen Bier (48 Flaschen) plus einige Softdrinks haben 30 Euro gekostet. Nur im Verhältnis: das Schulgeld für ein Kind kostet im Jahr 25 Euro. So einen Kasten Bier ist für die Leute dementsprechend teuer. Aber ich hatte das Bedürfnis den Arbeitern diese Freude zu machen.
Leider gab es im Dorf kein Bier. Ich bezahlte also Elma, der mit dem Moped eine halbe Stunde zum Nachbardorf fuhr um dort das Bier zu besorgen. Das musste dann auch noch gekühlt werden bei einem der wenigen Leute, die einen Kühlschrank benutzen. Aber wir haben es hinbekommen.
Übrigens ist gerade der nationale Karneval in Gonaïve. Sonntag, Montag und Dienstag. Früher wurde der Karneval nur in den Hauptstadt und in Jacmel gefeiert, aber nun versucht die Regierung das Land zu dezentralisieren, was eine sehr gute Sache ist. Dadurch besucht die Bevölkerung aus der Stadt auch andere Teile des Landes. Die Städte werden aufgewertet und die Hoffnung besteht, dass langsam eine Umverteilung der Bevölkerung stattfindet.